LIM-Positionspapier: Rechtssicherheit für Selbstständige in Bildungs- und Wissensberufen schaffen

Aktuelles Positionspapier (Mai 2025) des Liberalen Mittelstands Baden-Württemberg:
Thema: Rechtssicherheit für Honorar- und Solo-Selbstständige in Bildungs- und Wissensberufen schaffen

Ausgangslage: Eine wachsende Unsicherheit in der Bildungslandschaft

In Folge zunehmender Prüfaktivitäten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) sehen sich Bildungsträger aller Art mit erheblicher Rechtsunsicherheit konfrontiert, wenn sie Honorar-Lehrkräfte oder andere selbstständig Tätige beauftragen. Der § 127 SGB IV, eingeführt im März 2025, sollte als „Lex Herrenberg“ eine Übergangsregelung schaffen, wurde jedoch von der DRV so eng ausgelegt, dass seine Schutzwirkung für bereits aktive Bildungsträger faktisch ausbleibt. Stattdessen drohen weiter Nachforderungen für früher erbrachte Leistungen.

Die Folge ist eine tiefgreifende Verunsicherung bei Bildungseinrichtungen, Kulturschaffenden, Universitäten, Sportvereinen, medizinischen Weiterbildungsanbietern und vielen weiteren Auftraggebern. Dies betrifft nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern auch die Qualität und Vielfalt der Bildungsangebote in Deutschland.

Zudem gilt: Die betroffenen Honorar- und Solo-Selbstständigen sind integraler Bestandteil des deutschen Mittelstands. Als Kleinstunternehmer, Freiberufler und Dienstleister sichern sie nicht nur Innovation und Vielfalt, sondern tragen erheblich zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stabilität bei. Der Liberale Mittelstand ruft daher mit Nachdruck zum Schutz dieser Gruppe auf.

Breite Betroffenheit: Bildung, Wissenschaft, Gesundheit, Kultur und mehr

Die restriktive Auslegung der Statusfeststellung betrifft ein breites Spektrum an Institutionen und Berufen:

  • Frühkinderziehung: Angebote in Musik, Bewegung, Kunst und Sprachbildung für Kinder unter 6 Jahren, oft durch Honorarlehrkräfte realisiert.
  • Schulen: Nachhilfe, Arbeitsgemeinschaften, Sprachkurse, Kunst- und Musikunterricht außerhalb des Lehrplans.
  • Hochschulen und Universitäten: Lehraufträge, wissenschaftliche Vorträge, Spezialseminare.
  • Berufliche Fort- und Weiterbildung: IT-Schulungen, Softskills, Management-Trainings.
  • Erwachsenenbildung: VHS-Kurse, Integrations- und Sprachkurse, politische Bildung.
  • Gesundheits- und Heilberufe: Fortbildungen für Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten.
  • Kulturelle Bildung: Tanzschulen, private Musik- und Kunstakademien, Theaterpädagogik.

Diese Vielfalt lebt von der Flexibilität und dem Einsatz selbstständiger Experten. Ihre pauschale Einstufung als „scheinselbstständig“ zerstört funktionierende Angebotsstrukturen.

 

Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft

  • Wegbrechen von Angeboten: Bildungsträger reduzieren oder streichen Honorartätigkeiten aus Angst vor Nachforderungen.
  • Kostensteigerung: Umstellung auf Festanstellungen verteuert Kurse und lässt Angebote unattraktiv oder wirtschaftlich untragbar werden.
  • Verlust von Vielfalt: Spezialisierte Fachkräfte stehen nicht mehr zur Verfügung, weil sie auf selbstständige Erwerbsformen angewiesen sind.
  • Bildungsungleichheit: Besonders in ländlichen Regionen mit ohnehin knapper Angebotslage verschärft sich der Zugang zu Bildungsressourcen.

Lösungsansätze für Bildungsträger

  • Statusfeststellung proaktiv betreiben: Frühzeitige freiwillige Klärung des Sozialversicherungsstatus durch die Clearingstelle der DRV.
  • Verträge rechtssicher gestalten: Eindeutige Merkmale der Selbstständigkeit in Vertragsinhalte und -praxis integrieren (z. B. keine Weisungsgebundenheit, keine Integration in Betriebsabläufe, Vertretungsregelungen).
  • Tätigkeiten dokumentieren: Nachweise über die freie Ausübung der Tätigkeit sammeln, Drittaufträge der Lehrkraft kennen.
  • Minijob- oder Projektanstellungen prüfen: In Einzelfällen kann eine pauschale oder projektbezogene Anstellung die risikoärmere Lösung sein.
  • Rechtliche Beratung einholen: Fachanwältliche Prüfung neuer Verträge und Schulungen für Personalverantwortliche.

Politische Forderungen des Liberalen Mittelstands

  • Reform des Statusfeststellungsverfahrens: Einführung klarer gesetzlicher Positivkriterien, unabhängige Prüfstelle außerhalb der DRV.
  • Keine Rückwirkung bei gutem Glauben: Rechtssicherheit für beide Seiten bei ehrlicher Vertragsgestaltung.
  • Branchenübergreifende Lösung statt Insellösungen: Keine Sonderregeln für einzelne Berufe, sondern einheitliche Regelung für alle Wissens- und Bildungsberufe.
  • Erhalt der Vielfalt und Innovationskraft: Bildungslandschaft braucht flexible Angebotsformen ohne staatliche Gängelung.

Fazit: Wer Bildung und Weiterbildung fördern will, muss die Arbeitsrealität derer schützen, die sie leisten. Der Liberale Mittelstand steht für eine freie, faire und zukunftsfähige Erwerbslandschaft in Bildung und Wissenschaft.

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